TikTok für Ärzte: Erfolgsgarantie oder Datenfalle?

Immer mehr Menschen haben TikTok App auf Ihrem Smartphone
Immer mehr Menschen haben TikTok App auf Ihrem Smartphone | © FellowNeko - stock.adobe.com

Viele Influencer:innen mit Health-Inhalten haben auf TikTok ein Millionen-Publikum. Gleichzeitig steht die Plattform immer wieder in der Kritik und ist in einigen Ländern sogar verboten. Welche Gründe dafür sprechen können, TikTok als Arzt bzw. Ärztin oder Praxis zu nutzen und wann Sie besonders vorsichtig sein sollten.

Gesundheitscontent auf TikTok ist beliebt

Bei TikTok denken viele an Tanzvideos, Comedy und schockierende Inhalte. Doch zwischen laute, schrille und skurrile Videos mischen sich immer wieder auch ernste Themen. Seriöse Inhalte werden von der Plattform sogar aktiv gefördert. Unter #LernenmitTikTok werden Accounts, die Wissen vermitteln, bevorzugt. Sie bekommen zum Beispiel Unterstützung von einer speziellen Agentur, um Ihre Reichweite zu verbessern. Zu der Gruppe gehören etwa Wissenschaftler:innen, Sprachlehrer:innen oder Fotografen und Fotografinnen; aber auch ein Arzt-Account war von Anfang an dabei.

Viele vor allem junge Ärzte und Ärztinnen haben den Trend erkannt und bieten bereits Inhalte zu Gesundheitsthemen auf TikTok an. Zu den erfolgreichsten gehören:

  • Doc Felix (@doc.felix)
  • Doc Alina (@docalina)
  • Dr. Bella (@aerztin)
  • Der Hausarzt (@der.hausarzt)
  • Der Hautarzt (@der.hautarzt2b)
  • Arzt und Apothekerin (@aerzt_und_apothekerin)
  • Dr. medic. Emilie (@drmedemilie)
  • Ria – Urologin (@answeringforafriend)

Auf TikTok können Sie viele Menschen erreichen

Mit Instagram, Whatsapp und Facebook gehören Plattformen von Meta nach wie vor zu den drei wichtigsten sozialen Netzwerken der Welt . Aber auch TikTok wird immer beliebter. Laut Data Report 2024 verbringen User:innen 34 Stunden im Monat mit der App. Damit hat sie selbst Youtube überholt. Die Zielgruppe ist immer noch jung, längst haben aber auch die älteren Generationen TikTok für sich entdeckt und schicken fleißig Videos weiter.

Gründe auf TikTok als Arzt bzw. Ärztin aktiv zu werden, sind etwa:

  • Menschen erreichen, bevor Sie krank werden.
  • Gesundheitliche Bildung, besonders bei Jüngeren.
  • Über Falschinformationen und gefährliche Trends aufklären

Dabei gilt: TikTok ist und bleibt ein Unterhaltungsformat. Auch wenn inzwischen längere Videos möglich sind, gilt es vor allem, aus der Masse hervorzustechen und die Menschen in wenigen Sekunden positiv zu überraschen. Wissensvermittlung ist nur oberflächlich möglich.

So funktioniert TikTok als Marketingsinstrument

Follower:innen gibt es auch auf TikTok, sie spielen aber eine untergeordnete Rolle. Der Feed - Foryou-Page genannt- wird nach dem Nutzerverhalten und dem Interesse angepasst. Sucht jemand nach süßen Hundebabys, werden der Person vermehrt passende Videos angezeigt. Je mehr sie sich diese anschaut und damit interagiert, desto häufiger sieht sie ähnliche Beiträge. Ändert sich das Interesse, zum Beispiel weil sie gerade vermehrt Katzenvideos liket, wird die Foryou-Page sofort angepasst. So können Accounts mit wenigen Followern und Followerinnen mit den richtigen Inhalten viele Menschen erreichen. Marken mit einer großen Followerschaft haben dagegen auch mal floppende Beiträge.

Wann ein Video genau die eigenen Bubble (also die Followerschaft) verlässt und vielleicht sogar viral geht, können selbst Marketingprofis nur schwer vorhersagen. Das Verhalten der Nutzer:innen ist eben nicht komplett berechenbar. Einige Punkte scheinen aber zumindest zu helfen:

  • Videolängen über 15 Sekunden oder 1 Minute
  • einfache Tipps
  • verständliche Sprache
  • abwechslungsreich
  • gerne lustig
  • packender Anfang z. B. durch Clickbait (Das hast du sicher noch nicht über gesunde Zähne gewusst)

Sicherheits- und Datenschutzbedenken bei TikTok

Die Bundesärztekammer hat klare Vorgaben, wie sich Ärzte und Ärztinnen in sozialen Medien verhalten sollen. Dazu gehört etwa, keine Heilversprechen zu geben und keine Fernbehandlungen oder Einzelfallberatungen durchzuführen. (Mehr zu den rechtlichen Bestimmungen lesen Sie hier: Social Media für Ärzte: Das Recht auf Ihrer Seite). Das gilt aber natürlich nicht für Privatpersonen. Auf TikTok finden sich deshalb auch viele Falschinformationen, die sich unkommentiert verbreiten. Zudem sind die Videos sehr kurz. Eine umfassende Aufklärung, die alle Aspekte einbezieht, ist dort kaum möglich. Für TikTok Videos muss der Inhalt immer vereinfacht werden. Das kann im medizinischen Kontext durchaus gefährlich werden.

Hinzu kommen zahlreiche Datenschutzbedenken. TikTok gehört dem chinesischen Konzern ByteDance. Experten und Expertinnen vermuten, dass die chinesische Regierung Zugang zu den Nutzerdaten hat. In Afghanistan und Armenien, aber auch in Indien ist die App deshalb komplett verboten. Auch die USA sowie die Europäische Kommission und der Europäische Rat haben die Nutzung auf offiziellen Geräten untersagt. Privatpersonen sollten sich deshalb genau überlegen, ob sie auf TikTok aktiv werden möchten.

Treten Sie dort offiziell als Arzt bzw. Ärztin auf, gibt es noch weitere Dinge zu beachten. Der Schutz von Patientendaten, aber auch von Informationen zu einem bzw. einer Arbeitergeber:in, Kollegen und Kolleginnen oder Mitarbeiter:innen sollte immer an erste Stelle stehen. Nutzen Sie in jedem Fall ein Gerät für TikTok, auf dem sich keine sensiblen Daten befinden, zum Beispiel Patienten-E-Mails, Kontaktinformationen oder Zugangsdaten zu Praxissoftware. Zudem sollten Sie für jedes Video, Bild oder Zitat, dass Sie auf der Plattform teilen, eine Genehmigung der beteiligten Personen einholen.

Macht TikTok süchtig?

Statistiken wie der Data Report 2024 zeigen, dass Nutzer:innen deutlich mehr Zeit auf der Plattform verbringen, als auf anderen sozialen Medien. Das liegt auch am Aufbau der App. Jede:r bekommt auf der Foryou-Page exakt das angezeigt, was ihn oder sie gerade am meisten interessiert. Dabei folgt ein kurzes Video dem nächsten ohne Unterbrechungen. Es ist also schwer, den Überblick zu behalten oder den Zeitpunkt für eine Pause zu erkennen. Experten und Expertinnen warnen deshalb davor, dass TikTok besonders leicht süchtig machen könnte.

Mit dem Update „TikTok Lite“ kam noch ein weiterer Aspekt hinzu. In der neuen Version konnten Nutzer:innen nach einer bestimmten Anzahl gesehener und gelikter Videos Taler sammeln. Anschließend konnten diese gegen Gutscheine eingetauscht werden. Nach zahlreichen Protesten musste TikTok die Testphase in Frankreich und Spanien vorerst abbrechen. Wie es mit der Idee weitergehen soll, ist allerdings noch unklar.

Quelle:

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